Zwischen Regulierung und Bereichsausnahmen: rechtliche Grundlagen für erfolgreiche Apartmentkonzepte
Trotz nach wie vor attraktiver Chancen für Investoren sorgt der Micro-Living-Markt aktuell für Verunsicherung – nicht zuletzt aufgrund der geplanten Neuregelungen im Zusammenhang mit dem jüngst verabschiedeten Koalitionsvertrag. Doch ist diese Sorge wirklich berechtigt? BelForm sprach darüber mit Rechtsanwalt Dr. Philip Huperz, Partner bei GSK Stockmann, verantwortlich für die Bereiche Immobilientransaktionen sowie Legal Asset Management & Vermietung. Er verfügt über besondere Expertise mit Retail-Immobilien, Gesundheits- und Pflegeimmobilien sowie Micro-Living-Objekten. Uns stellte er sich folgenden Fragen:
- Welche Auswirkungen hat die Mietpreisbremse auf den Markt für temporäre Wohnkonzepte?
- Welche Ausnahmeregelungen gibt es?
- Sind möblierte Wohnungen von der Mietpreisbremse betroffen?
- Wie ist die Vermietung zum vorübergehenden Gebrauch rechtlich einzuordnen?
- Ist eine „all-in“-Miete zulässig?
- Wovon hängt die Abgrenzung zwischen wohnwirtschaftlicher und gewerblicher Nutzung ab?

Herr Huperz, die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Maßnahmen – etwa die geplante Verschärfung der Mietpreisbremse – haben bei Investoren und Betreibern von Micro-Living-Objekten für erhebliche Verunsicherung gesorgt. Mit welchen konkreten Auswirkungen ist aus Ihrer Sicht zu rechnen?
Nun, die Regierungspläne sind keineswegs neu. Solche Diskussionen begleiten die Branche seit Jahren, ohne den Markt bislang ernsthaft zu beeinträchtigen.
Kürzlich wurde die Verlängerung der Mietpreisbremse beschlossen. Die Mietpreisbremse begrenzt die Miete auf die ortsübliche Vergleichsmiete zu Beginn eines Mietverhältnisses zuzüglich zehn Prozent. Diese Vergleichsmiete wird dem örtlichen Mietspiegel entnommen und dient als Referenzwert. Allerdings gilt die Mietpreisbremse aus verschiedenen Gründen häufig nicht für Apartmentkonzepte.
Welche Ausnahmeregelungen gibt es konkret?
Die wichtigste Ausnahme betrifft den Neubau: Für Wohnungen, die ab dem 1. Oktober 2014 erstmalig vermietet wurden, gilt die Mietpreisbremse nicht – unabhängig von der Miethöhe. Zwar plante die aktuelle Bundesregierung, diese Ausnahme künftig nur noch auf Neubauten anzuwenden, die ab dem 1. Oktober 2019 erstmals vermietet wurden. Diese Initiative wurde jedoch nach großer Entrüstung der Branche wieder zurückgezogen. Es bleibt also dabei: In Gebäuden, die jünger sind als Oktober 2014, gilt die Mietpreisbremse nicht.
Sind möblierte Wohnungen von der Mietpreisbremse betroffen?
Ja, grundsätzlich unterliegen auch möblierte Wohnungen der Mietpreisbremse, doch die Ermittlung der Nebenkosten ist komplexer, was zu unterschiedlichen Bewertungsansätzen führt. Denn häufig beinhalten Mieten für Apartmentkonzepte Bausteine für die Nettokaltmiete, das Mobiliar und die Nebenkosten, die häufig pauschaliert werden. Es gibt jedoch keine Mietspiegel für möblierte Apartments. Dies erschwert die Vergleichbarkeit.
Zudem bilden Apartmentkonzepte jedenfalls faktisch einen eigenen Markt. Apartmentkonzepte sollten daher auch vorrangig mit Apartmentkonzepten verglichen werden. Es macht nun mal wohnqualitativ einen Unterschied, ob man eine Wohnung mit Küchenzeile anmietet oder ein Apartmentkonzept mit hochwertigem Interieur, Lobby, Co-Working Spaces, Concierge, Gym, Events, Online-Netzwerkplattformen, Dachterrasse etc. Es ist intuitiv nachvollziehbar, dass dies bei der Miethöhe einen Unterschied machen muss.
Welche Ausnahmen gibt es noch?
Studentenwohnheime sind von der Mietpreisbremse ausgenommen, sofern sie die gesetzlichen Anforderungen erfüllen. So muss bei der Vermietung das sog. Rotationsprinzip berücksichtigt werden. Das heißt, die Verteilung freiwerdender Apartments muss nach der Reihenfolge des Eingangs der Anfragen erfolgen, wobei der Vermieter selbstverständlich frei darin ist, weitergehende Kriterien für die Vermietung festzulegen. Ein solches Vermietungskonzept sollte sorgsam entwickelt, dokumentiert und in der Praxis auch beachtet werden.

Wie ist die Vermietung zum vorübergehenden Gebrauch rechtlich einzuordnen?
Bei einer Vermietung zum vorübergehenden Gebrauch greift die Mietpreisbremse gleichfalls nicht. Dies ist eine kurz- bis mittelfristige Vermietung an Personen, die einen zeitlich vorübergehenden Grund für die Verlagerung ihres Lebensmittelpunktes haben. Häufig wird diese Zielgruppe als Young Professionals bezeichnet, aber selbstverständlich gibt es auch andere Personengruppen, für die solche Konzepte interessant sein können. Die zeitliche Obergrenze ist nicht gesetzlich festgelegt, häufig wird darunter eine Vermietung von bis zu einem Jahr verstanden. Es gibt immer wieder Vorstöße, um die Dauer der Vermietung zu reduzieren auf sechs Monate, doch wurde dies bislang nicht gesetzlich umgesetzt. Der temporäre Nutzungszweck sollte klar und nachvollziehbar im Mietvertrag benannt sein.
Ist eine „all-in“-Miete zulässig?
Ja, die Pauschalierung von Nebenkosten ist grundsätzlich zulässig – sofern keine spezialgesetzlichen Regelungen entgegenstehen. Verbrauchsunabhängige Nebenkosten wie Grundsteuer, Müllabfuhr oder Hausmeisterdienste können immer pauschal abgerechnet werden. Das gilt auch im klassischen Wohnen. Heiz- und Warmwasserkosten müssen hingegen nach tatsächlichem Verbrauch bzw. anteilig nach Fläche abgerechnet werden, wobei allerdings die Heizkostenverordnung Ausnahmen für Studentenwohnheime und ähnliche Immobilien vorsieht. Eine Pauschalierung der Stromkosten ist grundsätzlich auch denkbar, allerdings muss im Einzelfall genau geprüft werden, ob energierechtliche, steuer- und aufsichtsrechtliche Besonderheiten zu beachten sind. Es sollte in jedem Fall darauf geachtet werden, dass Pauschalen angepasst werden können, sofern sich die Parameter der Kalkulationsgrundlage geändert haben. Vielen Betreibern ist dieses Thema noch präsent aus den ersten Monaten des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine, als die Energiekosten sprunghaft gestiegen sind. Wer keine entsprechende Anpassungsmöglichkeit in den Mietverträgen vorgesehen hatte, hat Probleme bekommen.

Wovon hängt die Abgrenzung zwischen wohnwirtschaftlicher und gewerblicher Nutzung ab?
Für Wohnformen wie „Micro-Living“ oder „Boardinghäuser“ fehlen bislang gesetzliche Definitionen. Maßgeblich ist vor allem das Baurecht. Das Bauplanungsrecht kennt aktuell jedoch nur zwei Kategorien: Wohnen oder Beherbergungsbetrieb. Doch wie ist beispielsweise ein Konzept mit einer Vermietung möblierter Apartments für 3-12 Monaten, einer faktisch durchschnittlichen Verweildauer von 7 Monaten, einem Concierge und Co-Working Spaces einzuordnen? Ist das nun Wohnen oder Beherbergung?
Die Unterscheidung richtet sich nach mehreren Kriterien. Maßgeblich ist natürlich vor allem die Baugenehmigung. Was genehmigt ist, ist zulässig. Wichtig ist, was im Betriebskonzept steht, wie lang die tatsächliche Verweildauer der Mieter ist und darüber hinaus, ob Mieter – aus welchen Gründen auch immer – ihren Lebensmittelpunkt verlagern. Die Anforderungen können je nach Bundesland unterschiedlich sein. Es gibt jedoch einige in der Praxis bundesweit recht anerkannte Grundsätze:
- Ein Apartment ohne Küche wird grundsätzlich als gewerblich eingestuft.
- Eine Mietdauer ab sechs Monaten ist tendenziell als wohnwirtschaftliche Nutzung einzuordnen.
- Bei kürzeren Mietzeiträumen ist die Einordnung nicht pauschal möglich: Entscheidend sind hier die tatsächliche Nutzung sowie die behördliche Auslegung im Einzelfall.
In jedem Fall kommt der Mindestmietdauer und der tatsächlichen Verweildauer in der Praxis häufig eine wesentliche Bedeutung für die rechtliche Einordnung zu. Eine sorgfältige vertragliche und konzeptionelle Gestaltung ist daher unerlässlich, um rechtliche Risiken zu minimieren.
Wir können gar nicht genug betonen, wie wichtig Betriebskonzepte sind. Betriebskonzepte werden als Anlage zu Bauanträgen genehmigt. Wird ein Betriebskonzept genehmigt, folgt daraus „hartes Baurecht“.
Wo liegt für Sie der besondere Reiz von Apartmentkonzepten?
Apartmentkonzepte bieten viele spannende Chancen. Sie befinden sich in einer komplexen Gemengelage aus Bauplanungsrecht, Bauordnungs-/ Zweckentfremdungsverbotsrecht, Mietrecht, Gewerbe- und Umsatzsteuerrecht und – je nach Eigentümer – Investmentrecht. Das mag auf den ersten Blick herausfordernd erscheinen. Sorgsam konzipierte Apartmentkonzepte können jedoch das Beste vieler Welten vereinen. Entscheidend ist, dass alle Aspekte parallel berücksichtigt werden. Eine sehr kurzfristige Vermietung mag beispielsweise erstrebenswert sein, aber sofern deshalb die erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung versagt wird, ist nicht viel gewonnen. Und genau deshalb macht uns die Beratung in dem Bereich der Apartmentkonzepte so viel Spaß. Wir haben Experten im Bereich des Baurechts, Mietrechts, Steuer- und Investmentrechts, die sich auf Apartmentkonzepte spezialisiert haben. So überblicken wir alle relevanten Themen und können sicherstellen, dass alle Zahnräder ineinandergreifen.
Wichtig ist: Die aktuellen regulatorischen Diskussionen sind nicht neu und haben den Markt bisher nicht wesentlich beeinträchtigt. Eine „One Size Fits All“-Lösung gibt es nicht – jedes Konzept muss individuell an den jeweiligen Standort, die rechtlichen Rahmenbedingungen und die Marktsituation angepasst werden.
Über BelForm:
BelForm ist der führende Experte in den Bereichen Mikro-Apartments, Coliving, Serviced Apartments und temporäres Wohnen. Als erster 360-Grad-Dienstleister in diesem Segment führen wir Projektentwickler, Betreiber und Investoren von Anfang an über Beratung, Innenarchitektur, Kompletteinrichtung und Digitalisierung zum erfolgreichen (Apartment)-Projekt. Ziel von BelForm ist es, marktfähige Apartmentkonzepte mit echtem Wow-Effekt zu realisieren und somit die Weichen für eine nachhaltig erfolgreiche Bewirtschaftung zu stellen. Einige von BelForm begleitete Projekte sind das bekannte #behomie Living von ARROW, Wohnen am Gleispark der Bauwens Gruppe, die BlackF Serviced Apartments in Freiburg, The 1487 Serviced Apartments sowie weitere Häuser.