Temporäre Wohnformen nehmen weiter zu: Gerade in Großstädten haben Micro Living, Co-Living und Serviced Apartments Konjunktur. So zahlreich die Ausgestaltungen und Bezeichnungen auch sein mögen – die rechtlichen Fragestellungen sind ähnlich und stellen sich zunehmend drängender. Besonders der Begriff der Wohnraumzweckentfremdung taucht hierbei besonders häufig auf.
Experten in diesem Beitrag:
Keine einheitlichen Regelungen
Städte und Gemeinden werden restriktiver, andere Nutzungsformen als Wohnen gerade in Städten zuzulassen. Beispiele wie Frankfurt, Berlin oder München verunsichern Projektentwickler und Investoren. Im Fokus stehen dabei in erster Linie Fragen des Zweckentfremdungs- und des Baurechts. Die Fragestellung im Kern lautet: Handelt es sich bei temporären Wohnformen eher um Wohnen oder um die Erbringung von Beherbergungsleistungen? Abschließende Regelungen gibt es kaum, Urteile der Verwaltungs- Verfassungs- und Zivilgerichte nehmen zu.
„Viele Arten der temporären Wohnformen wollen dem Bewohner hohen Komfort bieten, angefangen von All-In Mieten über zusätzliche Angebote, die das Leben in Städten vereinfachen. Doch solche Zusatzangebote werden von Städten manchmal nicht als Wohnen sondern als Beherbungsbetrieb angesehen. Auch Vollmöblierung, Annehmlichkeiten wie Gemeinschaftsflächen und Services durch Concierge oder digitale Apps mit Zimmerreinigung, Wäschewechsel, Fitnessangebote lassen die Trennlinien zu hotelähnlichen Unterkünften weiter verschwimmen“, erklärt Benjamin Oeckl, Experte für Temporäres Wohnen beim Münchner Spezialist BelForm. In welcher Bandbreite solche Angebote im Bereich Wohnen oder Beherbergen tatsächlich zulässig sind, hängt von der jeweiligen Baubehörde ab und verunsichert zunehmend Projektentwickler. Besonders aufgrund der wenigen Praxisbeispiele gibt es kaum Orientierungsmöglichkeiten.
„Ob im Einzelfall ein Angebot eher als Wohnen oder eher als Beherbergen zu qualifizieren ist, entscheidet in der Regel über die rechtliche Zulässigkeit“, so André Lippert, Rechtsanwalt der renommierten Wirtschaftskanzlei Taylor Wessing. „Maßgeblich kommt es dabei, das haben die gerichtlichen Entscheidungen der letzten Zeit immer wieder gezeigt, auf das Nutzungskonzept des Anbieters an.“
Abschließende Definitionen für beide rechtliche Kategorien gibt es nicht. „Hier hängt viel vom Einzelfall und auch vom bestehenden Einschätzungsspielraum der zuständigen Behörden und Gerichte ab“, so Lippert. Es hat sich noch keine ständige Rechtsprechung etabliert. Während Wohnen regelmäßig vorliegt, wenn in den Räumlichkeiten für eine gewisse Dauer ein häusliches Leben in Form eines eigenen häuslichen Wirkungskreises möglich sein muss, ist eine Beherbergung vor allem dadurch gekennzeichnet, dass die Räume häufig von einem wechselnden Nutzerkreis zum vorübergehenden Aufenthalt gegen Entgelt genutzt werden, erklärt Lippert. Auf der anderen Seite gibt es auch Urteile, wonach weder eine individuelle Möblierung noch die Möglichkeit, in den Zimmern zu kochen, eine Wohnnutzung ausschließen.
Praxisbeispiel für wohnwirtschaftliches Micro-Living
Ein Leuchtturm-Projekt für ein wohnwirtschaftliches Apartment-Gebäude, das All-In Mieten, Gemeinschaftsflächen, Apps und angebundenen Services in der Praxis verwirklicht hat, ist das Haus #behomie in Düsseldorf. Gemeinsam mit dem Projektentwickler Interboden-Gruppe hat BelForm hier ein Gebäude von Konzeption bis Einrichtung mitgestaltet und eingerichtet, dass den Mietern keine Wünsche offen lassen. Gleichzeitig wurden hier Lösungen mit den Vorgaben der Stadt gefunden, so dass Wohnen in seinem Kern gewahrt blieb. „Dieses Haus ist ein außergewöhnliches Objekt für die ganze Branche, da wir hier viele Zukunftstrends innerhalb der rechtlichen Bestimmungen unter einem Dach vereinigen konnten“ erzählt Oeckl über das Objekt, dass bereits im April an den Bauherrn und Eigentümer übergeben wurde.
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Ausblick und Webinar mit Kanzlei Taylor Wessing
In der Praxis haben sich verschiedene Nutzungskriterien herauskristallisiert: Die Möglichkeit einer eigenständigen Haushaltsführung (und damit Wohnen) soll beispielsweise vorliegen, wenn die Bewohner wesentliche Haushaltstätigkeiten selbst vornehmen können. Hierfür müssen die Funktionsflächen, die für eine Wohnnutzung zur Verfügung stehen, nach Größe und Funktionalität dies auch tatsächlich ermöglichen. Auch bedarf es eines Mindestmaßes an Privatheit, d. h. der Nutzer muss die Möglichkeit haben, sich in einen eigenen Raum zurückziehen zu können.
In der praktischen Umsetzung ist die Einordnung keineswegs trivial. So sind beispielsweise Beherbergungsbetriebe in Bereichen von Städten, die als Wohngebiete ausgewiesen sind, in der Regel nicht zulässig. Auch gelten für sie erhöhte Anforderungen zum Beispiel an Brandschutz und Pkw-Stellplätze.
Unabhängig von der baurechtlichen Bewertung müssen in der Regel auch die Genehmigungen nach dem jeweils einschlägigen Zweckentfremdungsrecht vorliegen. Eine Zweckentfremdung wird vor allem in den großen Städten im Grundsatz nur selten zugelassen, da im Regelfall Wohnraum erhalten bleiben soll. Die gesetzlichen Anforderungen dürfen nicht leichtfertig übergangen werden: Verstöße können mit Zwangsmaßnahmen durchgesetzt werden – zum Beispiel kann die Nutzung mit sofortiger Wirkung verhindert werden. Und es drohen empfindliche Bußgelder.
„Im Vorfeld sollten alle Möglichkeiten der Verständigung mit den zuständigen Behörden genutzt werden“ erklärt Lippert. Denn eine Abwägungsentscheidung zwischen Erhalt des Wohnraums einerseits und dem Interesse des Eigentümers andererseits erlaubt es den Behörden, jeden Einzelfall gesondert zu betrachten und lässt Spielraum für individuelle Ausgestaltungen.
Mehr Informationen zu diesem Thema, vor allem auch im Hinblick auf Wohnraumzweckentfremdung, Mietpreisbremse und weitere Rechtsprechungen und deren Auswirkungen für Temporäres Wohnen gibt es beim kostenlosen Webinar von BelForm und Taylor Wessing am Mittwoch, den 30.09.2020 um 10:30 Uhr. Die Anmeldung erfolgt unter folgendem Link: http://bit.ly/Webinar_BelForm_TaylorWessing.
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Über BelForm:
BelForm ist der führende Experte in den Bereichen Mikro-Apartments, Co-Living, Serviced Apartments und temporäres Wohnen. Als erster 360-Grad-Dienstleister in diesem Segment werden Projektentwickler, Betreiber und Investoren von Anfang an über Beratung, Innenarchitektur und Kompletteinrichtung zum erfolgreichen Projekt geführt. Ziel von BelForm ist es, marktfähige Apartmentkonzepte mit echtem Wow-Effekt zu realisieren und somit die Weichen für eine nachhaltig erfolgreiche Bewirtschaftung zu stellen. Einige von BelForm begleitete Projekte sind das bekannte Behomie Living der Interboden Gruppe, Wohnen am Gleispark von Bauwens, The 1487 Serviced Apartments sowie weitere Häuser.